Die letzten Jahre waren sehr wohlwollend für Künstler, die versucht haben, den Soul der 60er Jahre wiederzubeleben. Hunderttausende Plattenkäufe und restlos ausverkaufte Konzerte von Musikern wie Charles Bradley, Sharon Jones & The Dap-Kings oder Gregory Porter sprechen für sich.

Die Einen bleiben dem Motown-geprägten Sound treu, die Anderen trauen sich, Soul neu zu gestalten. Bereits dieses Jahr konnte man Veröffentlichungen bewundern, die die Grenzen des Soul ausloten und ihm einen neuen, modernen Charakter verleihen. Da liegen Beispiele von Nick Waterhouse oder Joan As Police Woman auf der Hand. Doch was verlangt mehr Mut? Dem klassischen treu zu bleiben oder den guten, alten Soul frisch zu gestalten?

St. Paul & The Broken Bones haben sich eindeutig für den Retro-Sound entschieden. Denn diese sieben US-Amerikaner haben den Soul mit der Muttermilch eingesaugt. Auf ihrem Debütalbum Half the City gibt es keinen Platz für Experimente oder große Ausflüge in andere Genres. Sie machen nichts neu. Doch das, was sie machen, machen sie verdammt gut. Sowohl die prominent eingesetzten Blasinstrumente als auch die charismatische, körnige Stimme von Paul Janeway machen eines klar: Man muss das Rad nicht neu erfinden.

Und so ist das Album eine 40-minutige Zeitreise, während der man voller Melancholie die zweite Weinflasche aufmacht. Um danach bei Songs wie „Call Me“ oder „Sugar Dyed“ doch noch das Tanzbein zu schwingen. Die einzelnen Lieder verschmelzen in ihren Grenzen und Half the City wirkt viel mehr wie ein langer Track, der vor sich hin plätschert. Daher haben die meisten der zwölf Lieder keine Ohrwurmqualität und sind nicht unbedingt sofort eingängig. Das Debüt von St. Paul & The Broken Bones ist also eine Ehrerbietung an das alte Format des Albums. Abseits des digitalen Kaufs der einzelnen Songs bietet die Band eine Platte, die nur in ihrer Gänze als komplett zu verstehen ist.

Mit ihrem klassischen, fast retro klingenden Album regen St. Paul & The Broken Bones zur Diskussion an: Ist Neues wirklich immer besser? Und so viele Soulfans es gibt, so viele Meinungen wird es auch dazu geben. Nichtsdestotrotz sagen wir: Egal wie du es machst, mach es richtig! Und St. Paul & The Broken Bones machen es richtig gut!