Wo aber einer nicht Märzen-, sondern anderes Bier brauen oder sonstwie haben würde, soll er es keineswegs höher als um einen Pfennig die Maß ausschenken und verkaufen. Ganz besonders wollen wir, daß forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen. Wer diese unsere Anordnung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Faß Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden.

Deutsches Reinheitsgebot

So besagt es das Deutsche Reinheitsgebot. Neben den vier Grundzutaten legte es außerdem den Preis für einen Liter Bier fest: einen Pfennig. Professor Thomas, der an der TU Lebensmittelchemie unterrichtet, erklärt, warum das Reinheitsgebot eingeführt wurde.

Es gibt verschiedene Gründe, zum einen war es tatsächlich eine Art von Verbraucherschutz, man wollte die Biertrinker vor anderen Stoffen schützen. Man hat zur damaligen Zeit alles mögliche ins Bier getan, Tollkirsche, Wermut, irgendwelche geheimnisvollen Kräuter, irgendwelche Substanzen, die dann alle möglichen Wirkungen hatten und die damaligen Herzöge wollten sozusagen ihre Biertrinker tatsächlich vor solchen gefährlichen Stoffen schützen. Das war der eine Grund und der zweite Grund war, man wollte den teuren Weizen fürs Brotbacken reservieren und vermeiden, dass der ins Bier hineinkommt und hat aus diesem Grund vorgeschrieben, dass man die Gerste nimmt. Gerste ist eigentlich ein Getreide, aus dem man sehr schlecht Brot backen kann, aber eben sehr schön Bier. Das ist quasi der Hintergrund. Und dann gibt es noch einen dritten Grund für das Reinheitsgebot, nämlich so eine Art Schutz der Hersteller (…) man wollte letztendlich verhindern, dass diese norddeutschen Brauer ihr Bier in Bayern verkaufen. Und aus diesem Grund hat man dann eben dieses Gesetz so vorgeschrieben.

Prof. Thomas Henle

Dass man in der heutigen Zeit noch Tollkirschen oder ominöse Kräuter in seinem Bierglas entdeckt, ist unwahrscheinlich. Daher stellt sich die Frage, ob das Reinheitsgebot überhaupt noch zeitgemäß ist. Professor Henle hat dazu eine klare Meinung:

Ich ganz persönlich finde das Reinheitsgebot durchaus noch zeitgemäß. Ich finde es ist so eine Art von kulturellem Erbe, was uns Vorgaben gibt für eine gewisse Kunstform. Bierbrauen ist auch Kunst.

Prof. Thomas Henle

Und genau diese Kunst des Bierbrauens findet seit dem letzten Wintersemester nun auch an der Uni statt. Die Studierenden der Technischen Chemie und der Lebensmittelchemie können während eines Praktikums alle Schritte vom Rohstoff bis zum fertige Produkt erlernen. Dabei werden vor allem die chemischen Reaktionen untersucht, die während des Brauprozesses stattfinden. Welche Faktoren führen zu Fehlaromen? Wie lagert man ein Bier am besten? Und auch: wie schmeckt das, was ich da herstelle? Pro Woche werden in der kleinen Minibrauerei bis zu 100 Liter gebraut, die dann auch selbst verkostet werden. Die Minibrauerei der TU Dresden ist die Einzige in Sachsen. Bierforschung wird hier schon länger betrieben, aber erst seit Kurzem hat sie den Weg in die Praxis gefunden. Neben der Erforschung chemischer Reaktionen während des Trocknens, Röstens und Würzekochens beschäftigt sich das Brauerteam um Professor Thomas Henle mit der Entwicklung eigener Biersorten. Aus der Forschung werden eigene Rezepturen abgeleitet, und so entstand in den vergangenen Monaten das erste eigenen TU-Bier: das 31er-Pils. Abstammend vom Symbol P für Phosphor mit der Atommasse 31 ist es ein echtes Chemikerbier. Und das wird im September zum ersten Mal auch außerhalb der TU ausgeschenkt. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Brauhaus Watzke, mit dem die Brauer der TU eng zusammenarbeiten, wird es im großen Maße nachgebraut und ausgeschenkt werden. Die Forschung ist in der Praxis angekommen. Eine kommerzielle Richtung soll in der Minibrauerei aber nicht eingeschlagen werden, weiterhin bilden Forschung und Lehre den Schwerpunkt, meint Professor Henle.

In der Forschung haben wir durchaus sehr viele Ideen. Wir arbeiten beispielsweise sehr eng mit der Technischen Universität München in Weihenstephan zusammen und bereiten da gerade Forschungsanträge vor, wo wir dann auch diese Anlage in der Forschung benutzen, um beispielsweise Reaktionen während des Brauprozesses zu untersuchen. Wir nutzen sie in der Forschung und in der Lehre und da sehen wir auch für die Zukunft sehr viel Entwicklungspotenzial.

Prof. Thomas Henle