Nach der Fahrt mit dem Nachtzug von Kiew kamen wir recht früh am Donnerstagmorgen, den 06.10.16 in Lemberg, ukrainisch Lwiw, an. Nachdem wir heute das Gepäck, statt direkt ins Hostel, erstmal in die Gepäckaufbewahrung des Bahnhofs gebracht hatten, ging es mit der Straßenbahn in die Stadt, wo erstmal eine warme Frühstücksgelegenheit aufgesucht wurde. Die Außentemperaturen waren dem Gefrierpunkt nahe. Anschließend teilte sich die Gruppe wieder einmal auf um die Stadt zu erkunden. Ein Teil der Gruppe bestieg den Burgberg, von dem aus sich ein toller Blick auf die gesamte Fläche der über 728.000 Einwohner zählenden galizischen Metropole bietet. Am frühen Nachmittag traf sich die gesamte Gruppe wieder am Rathaus, wo wir einen Termin mit einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten. Bei unserem Ansprechpartner handelte es sich um Oleh Schmid, den Berater des Bürgermeisters für die Entwicklung der Radverkehrsinfrastruktur. Die Stadt nimmt in der Ukraine eine Vorreiterrolle auf diesem Feld ein, denn bislang ist dieses Verkehrsmittel in dem Land bei weitem nicht so stark verbreitet, wie in Deutschland. Um die Entwicklungen im Bereich der Radverkehrsinfrastruktur selbst erfahren zu können, liehen wir zunächst Fahrräder für zwei Stunden aus, um uns damit von Herrn Schmid durch die Stadt führen zu lassen. Nachdem wir zuerst die bislang touristisch unterschätzte Keimzelle Lembergs im Norden der Altstadt rund um den Alten Markt erkundeten, ging es über einen insgesamt sieben Kilometer langen, durchgehenden Radweg in den nördlichen Vorstadtbereich. Anschließend wurden die Bauarbeiten für einen Radweg in einem Vorort begutachtet und der fertiggestellte Bereich befahren, um dann durch Wälder wieder auf den bereits stadtauswärts benutzten Radweg zu treffen. Nach etwa über zwei Stunden waren wir wieder am Rathaus angelangt, der Fahrradvermieter drückte trotz der überschrittenen Mietzeit ein Auge zu. Der Ausflug war in jedem Fall eine interessante Erfahrung und hat gezeigt, dass für die örtlichen Fußgänger und Autofahrer das Verkehrsmittel Fahrrad noch etwas ungewöhnlich ist, was sowohl die neugierigen Blicke als auch das Fehlverhalten bewiesen. Nichtsdestotrotz ist es erfreulich zu sehen, dass in diesem Bereich etwas passiert und dass die Nutzerzahlen langsam aber stetig steigen. Nach der Rückgabe der Fahrräder wurde das Hostel aufgesucht, in dem wir diesmal recht komfortable Appartements hatten. Nachdem auch die letzten Mitreisenden ihr Gepäck vom Bahnhof abgeholt hatten, ging es zum Tagesausklang in ein kaukasisches Restaurant. Anschließend verabschiedete sich Dario, der bereits einen Tag früher abreiste, während der Rest der Gruppe eine weitere Kneipe aufsuchte oder sich auf den Weg ins Hostel machte.
Am Freitag begann der Tag relativ spät, da heute keine Termine anstanden, konnten alle nochmal ausschlafen. Nachdem im Hostel ausgecheckt und das Gepäck wieder zum Bahnhof gebracht wurde, ging es zum Mittagessen in ein sehr gutes und günstiges Selbstbedienungsrestaurant, wonach die Zeit wieder zur freien Verfügung stand und beispielsweise für Stadtrundfahrten/-gänge mit der „Gummieisenbahn“, Straßenbahn oder zu Fuß genutzt wurde. Zum Abendbrot ging es erneut in die Lokalität vom Mittag, anschließend noch auf ein Bier in eine Kneipe. Darauf folgte zum letzten Mal auf dieser Reise die Fahrt zum Bahnhof. Dort teilten wir uns erneut auf. Markus nahm den Kurswagen nach Warschau, der Rest nach Breslau, wobei wir wegen der späten Buchung, so auf die Abteile aufgeteilt waren, dass immer noch eine fremde Person im Abteil war. Nach einer guten Stunde Fahrtzeit war die ukrainisch-polnische Grenze erreicht, wo zunächst die ukrainische Ausreisekontrolle stattfand. Anschließend wurden unsere Wagen in die Schnellumspuranlage gefahren, wo die Drehgestelle des Typs SUW 2000 in wenigen Minuten von russischer Breitspur auf Normalspur umgespurt wurden. Diese Art der Umspurung wird nur jeden zweiten Tag durchgeführt, nämlich immer dann, wenn die ukrainische Zuggarnitur fährt. Am jeweils anderen Tag wird konventionell mit Drehgestelltausch umgespurt, was eine 60 Minuten frühere Abfahrtszeit in Lemberg zur Folge hat.
Nach abgeschlossener Umspurung und Lokwechsel ging es weiter nach Przemyśl, wo die polnische Einreisekontrolle stattfand und wir an unseren innerpolnischen Trägerzug rangiert wurden. Der Rest der Nacht verlief weitestgehend ruhig.
Markus Wagen verließ unseren Zug unbemerkt in Krakau. Gegen 8:30 Uhr traf sich ein Teil der Gruppe zum Frühstück im Speisewagen, 9:50 Uhr wurde Breslau auf die Minute pünktlich erreicht. Hier verabschiedeten sich Richard und Thorsten, die aufgrund des ungünstigen Anschlusses nach Dresden (der beinahe passende Anschlusszug wird planmäßig um 9 Minuten verpasst) eine Mitfahrgelegenheit vorzogen. Aufgrund von Problemen mit einem Mitfahrer an der Grenze verzögerte sich die Weiterfahrt dort jedoch um mehrere Stunden.
Die verbliebenen vier Teilnehmer stiegen um 10:40 Uhr in einen Zug nach Oberschreiberhau/Szklarszka Poręba Górna. Während Robin die Gruppe in Waldenburg/Wałbryzch verließ, um über etwas verschlungenere Wege nach Hause zu fahren, erlebten Hannes, Fabian und Christopher die geschichtsträchtige Zackenbahn, anschließend auf tschechischer Seite die Zahnradbahn nach Tanvald, um dann über Liberec und Zittau nach Dresden zu gelangen. Um 18:49 Uhr war Dresden erreicht und die Reise damit nach weit über 5000 Kilometer im Zug, über 1300 Kilometer im Bus, rund 300 Kilometer zu Fuß, 87 Kilometer auf der Fähre, 25 Kilometer mit dem Fahrrad und, zumindest für den Großteil der Gruppe einigen hundert Metern Seilbahn, sowie unzählbaren Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen beendet. Ein großer Dank geht an alle, die unsere Reise unterstützt haben und alle, die uns auf unseren Stationen empfangen und uns Einblicke in ihre Länder, Städte und Aufgabenfelder gewährt haben und somit zu einer sicherlich für alle unvergesslichen Reise beigetragen haben.