Googles Autoerkennung ist da nicht eben zimperlich: fütterst du der Welt liebste Suchapparatur fragmentös mit “alternative is” wird an erster Stelle schwuppdiwupp und freiheraus angeboten, ganz schnörkellos mit “dead” zu vollenden, was begonnen. Doch so richtig böse kann man dem gern manipulativen, kleinen Filterschlawiner hier nicht sein, denn unter dem Gesichtspunkt popmusikalischer Relevanz spielt die Stilrichtung Alternative Rock tatsächlich keine nennenswerte Rolle mehr.
Der Haken allerdings: So geht es fast jeder musikalischen Strömung immer mal und folglich wird nicht nur inhaltsschwer über das Ableben von Alt-Rock sinniert, sondern parallel und nebenbei – wenn man die Schaufel schon mal in der Hand hat – praktisch jedes andere Genre, das bei drei nicht auf den Bäumen ist, mitbegraben. Na dann, Rest in Peace und machts gut, ihr kleinen Genretiere, möge der Herr mit euch sein. Oder auch nicht. Denn bei der ausufernden Inflationsrate, mit der im Rahmen der Popmusik seit praktisch 25+x Jahren kondoliert wird, dürfte inzwischen fast keine kategorisierbare Musik mehr über sein. Realistischer ist wohl: Statt epochenspezifischer Hauptgewichtungen, die z.B. in den frühen und mittleren Neunzigern für eine Hochphase alternativer Rockmusik sorgten, gilt heute, dass alles einträchtig nebeneinander steht, ohne dass ein bestimmter Stil einer Zeit derart nachdrücklich und unverkennbar seinen eigenen Stempel aufdrücken würde, dass sich daraus – trotz gewisser Tendenzen – ästhetische Leitmotive für das weite Feld der Popmusik ableiten ließen. Purismus geh weg, der Zeitgeist haut den Mixer an.

Die Band Nothing aus Philadelphia ist dafür ein fabelhaftes Beispiel – das Klangbild arbeitet sich unverhohlen an jener Hochphase in den 90er Jahren ab und entleiht entsprechende Trademarks, die verschlurfte Slackheads einst träumen und bewollmützte Ziegenbartbesitzer jubilieren ließen. Alternative Rock ist keineswegs tot, exisitiert im Grunde genommen seit den Neunzigern als eigene Nische, gelangt nur eben selten noch in Diskursnähe. Immer wieder mal aber werden Erinnerungsfetzen der Sternstunden des mittelschweren Gitarrenrocks in die Gegenwart getragen, kommt es zu einem residualen Aufflimmern der großen alten Zeit. Vieles hängt dabei am Wie des Zitats. Nothing werden nie zur Kopie oder gehen in der Masse straighter Gitarrenmusik unter, entheben sich der Beliebigkeit, indem Geschichtsbewusstsein an ein feines Gespür für die Anforderungen des Jetzt (Shoegaze, Loidde!) und eine guten Portion ästhetische Eigenständigkeit gekoppelt wird: Aufwühlend wie die Smashing Pumpkins, überschwänglich schmachtend wie Amusement Parks on Fire und von brüchiger Wucht wie Hum, Chavez und Shiner – das sind die Attribute, die Nothing kreuzen und durch die Qualität der Adaption zu etwas Originellem machen.

Doch auch für Authentizitätsfetischisten dürften Nothing ein kleines Festmahl sein, denn äußere Faktoren wie die kriminelle Vergangenheit von Sänger Domenic Palermo oder auch die Begleitumstände zum letzten Album “Tired of Tomorrow” treiben das Schaffen der Band offensichtlich an: Die Texte muten mithin kathartisch an, sind im Prinzip Schuldbekenntnisse, die von der weichen Stimme Palermos in die Welt geleitet werden. Wer sich also genussvoll am Leid anderer ergötzt: Das Campusradio ist euer Ansprechpartner und unterstützt euch liebend gern! Sendet uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff “Pillory Hymns” und eurem vollen Namen an gluecksfee@campusradiodresden.de und gewinnt 2×1 Freikarte für das Konzert im Beatpol. Glück auf!