Beim Brian Jonestown Massacre ist der Wahnsinn schon im Namen angelegt: Dass der tragische und exzentrische Rolling-Stones-Begründer Brian Jones hier kurzerhand mit dem in Massenselbstmord in Jonestown gipfelnden Sektenwahn um den von Jim Jones geführten People’s Temple verschmolzen wird, ist keine große Zufallskoalition, sondern filtert schlicht die Essenz dieser Band als Ansammlung wirrer Menschen, die selbst wirkt wie ein bar jeder Kontrolle, kreuz und quer durch die Gegend schießendes Absprengsel eines eh schon fehlgeleiteten Kults (aber überzeugen Sie sich bitte selbst). Die strukturelle Dysfunktionalität dieser Gruppe konzentriert und potenziert sich mikrokosmisch noch einmal im Kopf von Mastermind und Hauptfigur Anton Newcombe, der genau da irgendwo zwischen Charlie Manson und einem verschollenen, aus der Zeit gefallenen fünften Beatle pendelt, meistens aber beides gleichzeitig ist, seine Songideen als Zeugnisse göttlicher Empfängnis empfindet und damit wahrscheinlich recht hat.

Die Geschichte des BJM zieht sich als Geschichte von Realitätsverlust, Gewaltexzessen, leicht übermotiviertem Substanzkonsum, Illusion, Desillusion und schierer Brillianz über 18 Alben bei exakt 2436847⁵⁶ wechselnden Mitgliedern in fast 30 Jahren und hat ihr Ende noch nicht gefunden: Im Juni erschien mit Something Else der neuste, fabelhafte und sicher nicht letzte Streich der unverwüstlichen Bandsekte. Diese Liste beschränkt sich dennoch auf die kreative Hochphase zwischen 1995 und 2003, in welcher die Band ihre ersten acht Alben herausbrachte und trotz dieser Ausstoßrate praktisch nicht einen schlechten Song veröffentlichte. Wo “Evergreen” von Erstling Methodrone (1995) noch leicht shoegazy daherkommt, gönnt sich “Vacuum Boots” (Take it From the Man!, 1996) einen Rückgriff ins klassische Sixties-Rock-Fach und betont “Malela” (Give it back!, 1997) die psychedelische Seite der Band. “Lantern” (Strung out in Heaven, 1998) beschwört dann die Byrds, bevor mit “Telegram” und “Nevertheless” vom unglaublichen Bravery, Repetition and Noise (2001) zwei kristallklare Popnummern daherschillern. Den Abschluss bildet “When Jokers Attack” (… And This Is Our Music, 2003) und steht seinen 6 Vorgängern in Catchyness in Nichts nach.