DIE NERVEN gehören zweifelsohne zu einer der produktivsten Rockbands dieses Landes. Gegründet im Jahr 2010 ergatterte die Band zwei Jahre später nach diversen Aufnahmen, die nur als Download erhältlich waren, mit ihrem Demo-Album Assoziale Medien einen Plattenvertrag beim Indie-Label This Charming Man. Noch im selben Jahr folgte die Veröffentlichung ihres ersten physischen Tonträgers Fluidum. Nach ihrem hochgelobten FUN von 2014 folgt nun der dritte Streich des Trios, der den Namen OUT trägt.
“Wenn ‘FUN’ die reifere Version von ‘Fluidum’ ist, dann haben wir das Gefühl, dass wir jetzt eine größere Entwicklung gemacht haben.”
An OUT waren seit Bekanntgabe der Veröffentlichung große Erwartungen geknüpft. Schließlich erreichte der Vorgänger FUN Platz 11 der Jahrescharts von laut.de, Platz 2 bei den Alben des Jahres der TAZ und wurde von zahlreichen Magazinen wie etwa dem Spex gelobt. Spiegel Online Redakteur Jan Wigger bezeichnete es gar als “eine der wichtigsten und besten deutschsprachigen Platten dieses Jahrzehnts”.
Wie die beiden Vorgängeralben setzt nun auch OUT auf klassische DIE NERVEN-Elemente. Wie man es von ihnen kennt, springt die Band zwischen laut und leise, langsam und schnell hin und her und behält sich so ihre charakteristische Unberechenbarkeit. Wie gewohnt scheppert dabei das Schlagzeug und treibt die Songs nach vorne, dröhnt der Bass in den Ohren und feuert die Gitarre mit viel Hall schrammelige Akkordfolgen ab, die nicht mehr aus dem Kopf gehen. Auf OUT geschieht dies alles allerdings weniger brachial und exzessiv als zuvor. Dafür schenkt die Band den kleinen Details in ihrer Musik mehr Aufmerksamkeit und schafft auf der Platte mehr Raum für Experimente. So kommt “Barfuß durch die Scherben” mit einem federnden Bassrhythmus daher, wird bei “Dreck” ein Offbeat angedeutet und erklingen im Outro von “Den Tag vergessen” gleichzeitig Kuhglocke und ein schiefes Blasinstrument. Insgesamt sind auf OUT die langsameren Parts der Songs noch einen Tick langsamer als auf den Platten zuvor und die Ausbrüche etwas weniger wild. Die einzelnen, mitunter auch leiseren Töne wirken dabei aber umso wichtiger und gewollter. So verliert die Platte nichts an Energie im Vergleich zu ihren Vorgängern.
Auch mit OUT wird man sich wieder schwer tun, DIE NERVEN in eine Genre-Ecke zu drängen. Die Energie der Songs und die Haltung, die die Band an den Tag legt, rechtfertigt den Punk-Stempel, der dem Trio gerne aufgedrückt wird. Musikalisch trifft dieser aber nur bedingt zu. Neben Punk und klassischen, schrammeligen Indierock-Elementen erinnern vor allem die hallige Gitarre, der oftmals dissonante Gesang und das viele Rauschen hinter und zwischen den Liedern an allerbesten Noise-Rock. Wie auch immer man die Musik von DIE NERVEN nun betiteln mag, eines bleibt: Die Songs der Band sind auf OUT wiedereinmal verdammt gut gelungen!
Textlich geht es weiterhin recht düster zu. Auch wenn dieses Wortspiel wohl schon tausendfach gebraucht wurde, Entschuldigung dafür, beschreibt es die Atmosphäre des Albums doch am passensten: DIE NERVEN klingen tatsächlich genervt. In zumeist sehr kryptischen, sich oft wiederholenden Zeilen singt die Band auf OUT von Frust über einen kaputten Alltag, Wut und der Flucht vor der grauen Realität. Ein Gesang, der nicht immer den richtigen Ton zu treffen scheint und laut schreiende Ausbrüche unterstreichen diese (Ver-)Stimmung auf OUT.
“Wir checken oft selbst nicht, was wir da geschrieben haben, oder erst viel später.”
Man darf sich darauf freuen, wie DIE NERVEN die Songs des Albums live umsetzen werden. Die Klasse von OUT bietet der Band zahlreiche Möglichkeiten, das Publikum mit ihrer gewohnten aber immer wieder faszinierenden Live-Energie zu begeistern. Am 2. Dezember bekommt man zum Glück auch in Dresden wieder die Gelegenheit, sich von der Band überzeugen zu können.