Trennung bedeutet gleichzeitig immer Neuanfang. Das galt 2012 auch für Isolation Berlin. Wer weiß, ob es das Vierergespann aus Berlin heute überhaupt gäbe, wenn Sänger Tobias Bamborschke sich damals nicht von seiner Freundin und seinem gesamten Freundeskreis losgelöst hätte. Wahrscheinlich eher nicht. Freunde bedeuten auch immer das Gefühl sich anpassen zu müssen, Erwartungen zu erfüllen und bestimmten Anforderungen von mehreren Seiten gerecht zu werden. Beim Beenden von Freundschaften, nehme man sich zeitgleich etwas Druck, so Bamborschke. Mit Isolation Berlin bekam er die Möglichkeit nach den Trennungen den Ist-Zustand zu beschreiben. Soll heißen: Melancholie und Depression. So eine Art von Musik hat Bamborschke vor der Gründung von Isolation Berlin vergebens gesucht – und dann selber Hand angelegt.
Die Trostlosigkeit hat uns zusammengeführt, wir sind versunken in der Isolation Berlin. Vier gebrochene Herzen, die die Wogen der Großstadt wie Abfallprodukte der Spaßgesellschaft in die rauchigsten Bars der Stadt geschwemmt hat. Vereint durch unsere Hoffnungslosigkeit, durch die Trauer in unseren Augen, durch die Kälte in unseren Herzen.
Am 19. Februar ist das lang erwartete Debütalbum Und aus den Wolken tropft die Zeit via Staatsakt endlich veröffentlicht worden. Passenderweise fand der Record-Release in einer Trauerfeierhalle statt. Musik für traurige Großstadtmenschen, die irgendwo zwischen Rock, Punk, Chanson und Funk hin und her tingelt. Für all die neugierigen Journalisten, die eine Schublade für diese Art von Musik aufmachen möchten, haben Isolation Berlin einen eigenen Titel gefunden: Prototyp. Was genau dahinter steckt, bleibt allerdings erstmal das Geheimnis der Berliner.
Und aus den Wolken tropft die Zeit ist eindeutig ein Trennungsalbum, es handelt vom Schmerz des Aus einer Beziehung und der Einsamkeit. Sowohl instrumental, aber auch gesangstechnisch zeigt sich das Album facettenreich. Bamborschke singt schmerzerfüllt, gibt sich mit unter rotzfrech und zeigt seine sanfte Seite.
Der Opener „Produkt“ beginnt das Album mit Simeon Cöster am Schlagzeug und Max Bauer an der Orgel, ganz ohne Gitarre. Fast etwas feierlich besingt Bamborschke das Konsumdenken, bevor die Platte in großen Schritten tiefer in ein Meer aus Melancholie, Trauer und Isolation herabsteigt. Denn umso weiter das Album voranschreitet, desto einsamer wird der Protagonist der Platte. In „Verschließe Dein Herz“ verabschiedet sich dieser zu einer Funk-Melodie, die unsere Beine zum Zappeln bringen will, schließlich vollkommen von seinem Sozialleben.
Emotion und Leidenschaft zeigen sich bei Isolation Berlin mal von einer stürmischen und energischen Seite, wie in „Ich Küss Dich“ und „Wahn“, aber zuweilen auch ganz verhalten und schüchtern, wie in „Ich wünschte ich könnte“. Als wäre das noch nicht abwechslungsreich genug, wartet das Vierergespann aus Berlin auch noch mit schmerzerfüllten Balladen zum andächtigen Mitschaukeln auf. Mit dem letzten Song „Herz aus Stein“ erhärtet nicht nur das Herz unseres trauernden Ichs, sondern auch die Miene des Hörers – die Platte findet hier ihr jähes Ende.
Ob Isolation Berlin mit ihrer Musik das Rad neu erfunden haben, bleibt jedem selbst überlassen. Fakt ist: an guten Songs mangelt es den Endzwanzigern keinesfalls. Nicht umsonst erschien neben dem Debüt auch eine Kompilation alter Songs. Spätestens am 28. April werden wir dann sehen, ob das auf einem Fundament aus Trauer und Melancholie gebaute Konzept auch live funktioniert, denn Isolation Berlin kommen auf ihrer Tour durch Deutschland auch nach Dresden.