Children Of Alice

BY

Children Of Alice

Release

24.02.2017

Label

Warp Records

Die Geschichte um Children of Alice ist eine durchaus tragische, denn der Name der Band dient als Reminiszenz an die 2011 verstorbene Trish Keenan, Sängerin der seligen Traumbastler Broadcast. Zwei ihrer ehemaligen Bandkollegen formierten sich nach ihrem Tod mit Julian House alias The Focus Group zu Children of Alice und veröffentlichen nun die seit 2013 entstandenen Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit als gesammelte, zusätzlich um das finale The Liminal Space angereicherte Kollektion in Form ihres ersten, selbstbetitelten Albums. Das macht summa summarum zwar nur 4 Stücke, aber dennoch gute 40 Minuten Musik.

Broadcast verstanden es wie keine andere Band der 2000er, Fluss, Behaglichkeit und Irritationsmomente – wichtige Komponenten auch bei Children of Alice – in eine organische Verbindung zu überführen. Diese leicht ins Opulente hängende Smoothness weicht hier nun etwas rustikalerer Schönheit und angehobener Kratzigkeit: statt sich in die Wogen elegischen Dreampops zu werfen, orchestrieren Children of Alice eine in der Tracktitelgebung bereits gespiegelte Ursprünglichkeitsästhetik, die unter anderem an die Naturmystik kontemporärem Technos a la Pantha du Prince anknüpft, und spazieren Blümchen zupfend durch die folkloristischen Wald- und Wiesenszenerien der Field Recordings.

Das herkömmliche Popformat wird hier also abgestreift um leichtfüßiger, nie wirklich greifbarer Psychedelik Platz zu machen. Bereits die 19-minütige Einleitung The Harbinger of Spring macht klar, wo die Reise hingehen soll: Vogelgezwitscher wird von sporadisch hochperlenden Xylophon-Kaskaden abgelöst, klassische Motive und esoterische Flöten entfachen schwerelos-flüchtige Harmonien und abrupte Brüche bestimmen die immer wieder entgleitende Dramaturgie. In Rite of the Maypole tröpfeln angetäuschte Melodien auf den von allem Ballast befreiten, plüschigen Klangteppich und comichafte Leierkasten-Sounds springen und tölpeln durchs Ambiente. Invocation of a Midsummer Reverie knistert sich ins Leben, doch atavistisches Klöppeln macht das Treiben schnell verrückt. Ein schwelgerisches Dirty-Beaches-Saxophon pocht auf Vernunft und versucht die Lage zu beruhigen, muss seine Chancenlosigkeit aber selbst einräumen: ein Becken zischt im Hintergrund und wenig später erfährt dieser Sommernachtstraum eine von Peitschenhieben, Wahngelächter und Stöhngeräuschen angeleitete Modifizierung. Mit The Liminal Space verabschiedet sich, während hintergründig aufgestörtes Rauschen loses Klimpern und Glucksen verschluckt, Children of Alice schließlich in den Orkus, wo hoffentlich keine Ruhe einkehrt, sondern an weiteren Akten dieses traumwandlerischen Schattentheaters gestrickt wird.