I. Ouvertüre

Wer schon mal einen Song der Grandbrothers gehört hat und sich hinterher ob des einzigartigen Klangs wegen schlau gemacht hat, wie die Musik eigentlich entsteht, fragt sich in Anbetracht einer Tourankündigung sicherlich, “Wie um alles in der Welt schleppen diese zwei sympathischen Musikusse aus Bochum und Wuppertal in Zeiten von Musikerarmut und hohen Spritpreisen einen Konzertflügel von Stadt zu Stadt, der neben dem exorbitanten Frachtraum auch noch nach jedem Transport Neujustierung bzw. Stimmung benötigt?”. Erstmal die Beruhigung: Tun sie gar nicht.

Denn ja, für ein Grandbrothers-Konzert wird immer ein Konzertflügel benötigt – die Instrumentalmusik des Duos wird durch ein vertracktes technisches System aus Hämmerchen, Mikrofonen und Laptops und auch eben einen Pianisten erzeugt – aber in der Praxis sind die oben beschriebenen Hörergedanken natürlich sehr valide und so wird der Flügel einfach in der jeweiligen Spielstätte ausgeliehen und mit Technik aufgetakelt. Zwei Stunden dauert der Soundcheck.

II. Scherzo

  1. Während man wartet, dass der Vorhang fällt und das Konzert beginnt, hat man noch Zeit für einige Grübeleien. Woher kommt der Name Grandbrothers, was für ein Verwandtschaftsverhältnis ist das? Unweigerlich denkt man wieder an Loriot und die Zug-Szene in Pappa Ante Portas. Immerhin heißen sie nicht “Schwippschwagers”, aber etwas verwirrend ist der Name schon. Vielleicht ist es eine Kombination aus der Großtante, zu der man ja nur ein sehr lockeres, im Grunde nicht vorhandenes Verwandtschaftsverhältnis pflegt, und dem großen Begriff der Schwester-/Brüderlichkeit, der eben eine doch sehr große Intimität und Vertrautheit suggeriert? Insofern stehen die Grandbrothers in der großen Tradition von Winnetou und Old Shatterhand. Eigentlich doch ganz schön.
  2.  

  3. Wo man hier jetzt so rumsteht, die Hand um ein Bier geklammert, kommen einem erste Zweifel. Gibt es heutzutage nicht hunderte Künstler die irgendwie, unter dem Begriff der Neoklassik in einen Topf geworfen, das Gleiche machen? Warum bin ich ausgerechnet an einem Mittwoch nach Altbriesnitz gefahren für etwas, was ich sicher auch mal im vertrauten Umfeld meiner Neustadtwohnung haben könnte? Kurz durchatmen mal, und dann ein paar Ansagen: Neoklassik an sich ist schonmal ein furchtbarer Begriff. Der Präfix “Neo” sollte ohnehin mit Vorsicht genossen (vgl. Neoliberalismus) oder nur in beißender Ironie verwendet werden (weswegen ZDFneo auch kein einziges innovatives Format mehr im Programm hat). Nennt es doch einfach (kontemporäre) Klassik oder meinetwegen Ambient! Und nur nebenbei, die eben beschriebene Technik mit ihren liebevollen Klangfrickeleien ist – vor allem live – doch etwas ganz anderes als der x-te Pianist, der gleichzeitig noch einen Synthesizer loopt. Zumal bei den Grandbrothers immer und immer wieder betont wird, dass eben kein Synthie zur Klangmanipulation verwendet wird. Also austrinken und gespannt sein jetzt!
  4.  

  5. Gleich geht das Konzert los. Sollte man nicht noch etwas zur Musik sagen? Na gut. Zwei Alben der Grandbrothers gibt es nun schon, das Aktuelle, Open, war letztes Jahr ein Hit. Nicht nur gleich zweimal im Campusradio besprochen, sondern auch in Kreise vorgedrungen, die sich sonst vielleicht nie ein Klavierkonzert angehört hätten, haben die Grandbrothers plötzlich ein riesiges Publikum gefunden und mit ihren Stücken begeistert. Dass hier jegliche Form von Hype um ihre Personen sicherlich keine Rolle gespielt hat, steht außer Frage (auch wenn die beiden mit Verlaub ganz schmuck aussehen). Vielmehr kann es nur die Musik sein, die in Vielen Dinge ausgelöst und Stellen berührt haben muss, von denen vielleicht gar nicht bewusst war, dass sie da sind. Zu ihrer Beschreibung lassen sich schwer Adjektive finden, die ihr gerecht werden, höchstens kann man onomatopoetische Verben wie flirren, pulsieren, anschwellen oder wabern anbieten, aber Hören wäre letzlich vielleicht am einfachsten. Immerhin verzichten die Grandbrothers völlig auf Worte, lassen Melodien in den Vordergrund treten und machen Musik abermals zum großen Kommunikator, der Freude aufkommen -, Menschen zu (Groß-)Brüdern werden lässt, ihr wisst schon.
  6.  

 

III. Finale

Unweigerlich schreien die Musikstudierenden unter den Campusradiohörenden auf. “Was für ein Format soll das denn sein? Da fehlt mindestens ein weiterer Teil zu einer klassischen Sinfonie!” Ist mir aber egal, weil ich der Komponist dieses Artikels bin und du nicht. Eine kleine Besänftigung: Nachdem du dich nun durch diese Absätze gequält hast und unter einem fehlenden 2. Satz leiden musstest, sollst du zumindest die Chance auf ein paar Freikarten für das Grandbrothers-Konzert am 28. Februar im Beatpol erhalten. Schreib dazu einfach eine Mail mit deinem vollen Namen und dem Betreff “Herrenboutique in (hier die Heimatstadt eines Grandbrothers eintragen, welche genau verrät der Text oder im Notfall Google)” an gluecksfee@campusradiodresden.de und mit ein bisschen Glück bist du für umme dabei. Mutter, wir danken dir!