Als modernes europäisches Restaurant unterster Preisklasse sind Pauls Jets auf Facebook gelistet. Das ist zugegeben ein etwas kindischer Witz der österreichischen Pop-Rock-Indie-Band, doch tatsächlich kann man sich die Musik der Pauls Jets vielleicht ein bisschen so vorstellen wie ein kleines, verblüffend günstiges Restaurant mit einer dieser überbordenden Speisekarten, auf denen das Wiener Schnitzel zwischen einem Grünen Curry nach Thai-Art und der Fischplatte für zwei steht. Ein stringenter Stil ist zumindest auch auf Album Nummer zwei nicht zu erkennen: nach “Blizzard”, der ersten Single des neuen Albums, lag kurz die Vermutung in der Luft, Pauls Jets würden nun ein Dream Pop Album a Beach House herausbringen, so schön klimpernd klangen die Synthesizer-Dreiklänge, über die sich sanft und tröstend Paul Buschneggs Autotune-Geleier legte. Doch “Blizzard” kann man nicht gerade repräsentativ für das Album nennen: “Ich bin down” klingt beispielsweise schon viel mehr nach Tocotronic als nach Beach House, Eiszeit bedient sich ein bisschen am Schlager (und an trashigen Airhorn-Sounds), verträumte Gitarren reihen sich auf Highlights zum Einschlafen dicht an Trap-Hi-Hats.
Doch um bei dem etwas unbeholfen angeführten Lokal-Vergleich zu bleiben: es schmeckt, es schmeckt sogar sehr.

Denn die wilde Genre-Mixtur macht Highlights zum Einschlafen, wie auch bereits das Debüt “Alle Songs bisher” zu einer höchst erfrischenden Angelegenheit. Gekonnt spielen Pauls Jets mit Referenzen, lehnen Textzeilen an Money Boy an und zitieren Sido (“Der Teufel”), kommentieren dazu mit ironisch eingeschobenen Textzeilen wie “Drummer spiel ein schönes Fill” auch immer wieder die unabweichliche Artifizialität des Dargebotenen.

Besonders die HipHop-Anleihen, welche sich auch im gehäuft aufzufindenen Gebrauch von Autotune (insbesondere auf dem Bonus-Track “Villa Tugendhaft”) und nicht zuletzt natürlich in Songtiteln wie “Trap Band” bemerkbar machen, ist im Indie-Rock-Bereich nicht allzu normal – Pauls Jets nehmen in diesem Kosmos einen sehr progressiven Listenplatz ein, und sind sich (diese These kann man wohl ohne Bedenken aufstellen) einem Zeitgeist sehr wohl bewusst, in dem “ihre” Art der Musik bei den meisten Teenagern auf dem Schulhof nicht gerade in sogenannter Heavy Rotation läuft; Und das ist völlig in Ordnung – ein Appell zum Zurück zur Gitarre oder ausgefeilt durchkomponierten Musikstücken ist dieser Band fremd. HipHop, besonders Trap, ist ein klarer Einfluss auf Highlights zum Einschlafen – eine von vielen Zutaten, derer sich die Band bedient.

Bloß die Zeile “2020 war ein schönes Jahr, es kommt zwar erst aber ich sag es mal” (“Trap Band”) ist bereits jetzt etwas schlecht gealtert. Dennoch: Highlights zum Einschlafen ist ein starkes zweites Werk voller verspielter Abwechslung. Weiteres über unser Album des Monats erfährt man im Audiobeitrag von Martin Schüler (Online-Magazin Gusto – Ablass für Massenkultur), Peter Laut und Anton Schroeder.