Nach einer „jahrelang anmutenden, nachdenklichen Pause“ betritt „Lachsack und Musik Genie“ Helge Schneider endlich wieder die Dresdner Bühne. Eigentlich ist es noch gar nicht so lange her, ein Jahr um genau zu sein, dass er mit seiner Band die junge Garde munter spielte, aber die Zwischenzeit hat sehnsüchtig gemacht, nicht nur auf Konzerte, sondern auch auf Unsinn, darauf einen Abend lang nicht mit dem dringenden Ernst konfrontiert zu werden, sondern die Dada-Abfahrt fernab von politischen und sozialen Problemen zu nehmen. Wenn Helge Schneider über ernste Themen spricht, dann ist das eher zufällig. Improvisation ist bei ihm alles, sowohl die Musik als auch das, was er dazu textet entstehen meist aus dem Moment heraus. Auch mit jenseits der 60 scheint sich dieser Mann den kindlichen Freisinn (und seine körperliche Fitness) bewahrt zu haben, vollkommen gleich ob auf der Bühne oder bei Markus Lanz.

Helge Schneider – so einen gibts nicht zweimal

In der deutschen Kulturlandschaft ist Helge Schneider ein Unikat. Zwar dürfte er den allermeisten vornehmlich durch seine Charthits „Katze-Klo“ oder „Sommer, Sonne, Kaktus“ und eher als Komödiant und Entertainer denn als Musiker bekannt sein, in erster Linie ist er aber Jazz-Musiker oder vielmehr -künstler. Wie kaum ein anderer spaltet und vereint er die Gemüter: die einen finden kein Ende in ihren Lobgebärden ob seiner virtuosen Fähigkeiten (als junger Mann wurde er zur Begabten-Förderung an der Musikhochschule zugelassen), den anderen ist er zu albern. Dennoch weiß er auf wundersame Weise beide Pole zu vereinen, seine erfundenen Unsinns-Geschichten in Intermezzi zum besten zu geben und in musikalische Formen zu gießen. Die Füße zum Wippen zu bringen und dennoch für tosendes Gelächter zu sorgen.

Corona-Blues? Ohne Helge! | Foto: Caroline Seidel (dpa)

00-Schneider, die singende Herrentorte, der Quatschkopf (die Liste ließe sich etwa 15 Meter fortführen, würde er vielleicht sagen) hat sich von Kulturlockdown und Heimgebot nicht mürbe machen lassen („abwarten, Tee trinken und sich diese Maske ab und zu aufsetzen“), sondern in seinem idyllischen Haus am Niederrhein Sport getrieben, Corona-Gespräche mit Alexander Kluge geführt und nicht zuletzt neue Songs geschrieben, die er in seiner Sommertournee nun unter anderem auch in Dresden vor der Altstadtkulisse bei den „Filmnächten am Elbufer“ heute Abend präsentieren wird. Nach „ene mene mopel!“, „Pflaumenmus“ und „Die Weiderkehr des blaugrünen Smaragdkäfers!“ heißt es also nun: „Let‘s Lach!“.

Unter diesem Motto wird er sein neues Album Die Reaktion – The Last Jazz, Vol. II vorstellen, das heute am 16. Juli erscheint. Eine Hommage und ein Liebesbekenntnis an ein Genre, das heute irgendwie nicht mehr zeitgemäß wirkt. Im Dresdner Kulturmagazin stellte Helge jüngst fest, dass die gegenwärtige Radiomusik „sich zwar vom Jazz ernährt, aber kein Jazz ist“ und konstatierte, „Er wird in letzter Zeit ganz schön vernachlässigt.“ Umso mehr fühlt er sich als Außenseiter, Jazz ist für ihn Rückzugsort, eine „Alternative“, eine „Gegenkultur“.

Begleiten lässt sich das „krummbeinige Monster“ von Sandro Giampietro an der Gitarre, Sergej Gleithmann am Saxophon und gleich zwei Schlagzeugern. Thomas Alkier, der ebenso wie die anderen etabliertes Mitglied im Helge-Ensemble ist, wird sich den Abend mit einem gleichermaßen besonderen wie ungewöhnlichen Drummer teilen: Charlie the Flash, „der Halbgott an den Trommeln“, aka Charlie Schneider, aka Schneider Seniors 11-jähriger Sohn. Kann das gut gehen? Ja! Seht hier! Mit dabei aber auch: Teekoch Bodo, ebenfalls langjähriger Weggefährte Schneiders und ein Fingerzeig darauf, dass wir uns auf eine klassische Show à la Helge einstellen dürfen.

Helge Schneider hat nun wieder Gesicht, und wird uns seine „Reaktion auf das Geschehen“ präsentieren. Wir sind gespannt!

Für das Konzert heute Abend gibt es noch Karten auf eventim oder bei einer der Verkaufsstellen der Konzertkasse Dresden.