In dieser neuen Beitragsreihe wollen wir euch einladen, eure Abschlussarbeiten aus dem Staub eurer Schubladen zu befreien und sie im Campusradio vorzustellen. Den Auftakt macht ein Gespräch mit Bernadette Geiger, die sich für ihre Bachelorarbeit im Studiengang Design: Produkt- und Kommunikation an der HTW Dresden mit den Arbeitsstrukturen und Gamification in Amazons Warenlagern auseinandergesetzt hat. Unter dem Titel „Gaming Well, Working Well. Eine theoretische und ästhetische Auseinandersetzung mit der Instrumentalisierung des Spiels im Kontext von Amazon Fulfillment-Zentren“ hat sie ein Spiel entwickelt, welches Kritik an den gegenwärtigen Arbeitsstrukturen von Amazon übt.

»Come witness the magic that happens after you click ›buy‹ on Amazon« erscheint auf dem Bildschirm, bevor man in ein allseits bekanntes Paket mit dem typischen Amazonlogo, einem Pfeil, der zugleich ein Lächeln symbolisiert, eintaucht. Schritt für Schritt folgt man in Bernadette’s Spiel einer Arbeiterin in einem virtuell konzipierten Fulfillment Center bei ihrem Arbeitsalltag. ‚Fulfillment Center’ ist der von Amazon selbst gewählte Begriff für die riesigen Warenzentren, in denen Produkte verpackt und von wo aus täglich circa 1.6 Millionen Pakete weiter in die Welt verschickt werden.

„Er steht für die Erfüllung von Kundenbestellungen“, erklärt Bernadette, „Ich finde dieser Begriff, Fulfillment Center, passt auch nochmal sehr gut zu der Kritik, die gezogen wird, weil die Wünsche von Kund*innen abgelesen werden, aber von den Arbeiter*innen selber nicht“. Denn um mit der Unmittelbarkeit des Einkaufens in Geschäften Schritt zu halten, besteht innerhalb der Logistikhallen ein extremer Druck auf Beschäftigten, Bestellungen so schnell und effizient wie möglich zu verarbeiten.

 

   

 

12-Stunden-Schichten, langes Stehen, monotone Bewegungen und im Ernstfall Automaten mit Schmerztabletten – Die Einblicke, die man durch das Spiel bekommt, kontrastieren das Narrativ, welches Amazon selbst nach außen tragen will. Seit Gründung des Konzerns wurde aktiv versucht Gewerkschaftsarbeit zu unterbinden, während unter dem gleichen Slogan – »Come witness the magic that happens after you click ›buy‹ on Amazon« – regelmäßig einstündige Führungen durch Fulfillment Center in den USA veranstaltet werden, um die Fortschritte der Automatisierung anzupreisen, in die das Unternehmen seit 10 Jahren intensiv investiert hat.

Zugleich ergab eine Analyse des Center for Investigative Reporting, dass die Verletzungsrate in den Lagerhallen – besonders in den robotergestützten – weit über dem Branchendurchschnitt lag. Als Reaktion auf die Kritik rief Amazon 2017 das Pilotprojekt „FC Games“ ins Leben. Arbeiter*innen der Fulfillment-Zentren können hierbei durch das Spielen von kleinen Minigames reale Ware bewegen. So soll der monotonen Tätigkeit entgegengewirkt und die Motivation und der Spaß an der Arbeit gesteigert werden. Im Gespräch mit Bernadette sprechen wir über Vorteile und Nachteile dieser neuen Technologie, gegenwärtige Arbeitsstrukturen bei Amazon, wie Sie diese spielerisch eingefangen und umgesetzt hat und wie durch künstlerische Auseinandersetzung neue Dimensionen der politischen Kritik eröffnet werden können.

 

Am 12.05.2023 wird Bernadette’s Spiel in der Änderei, einem kleinen Kulturzentrum in Altlöbtau 22, ausgestellt und als Installation zu spielen sein. Schaut gerne vorbei!

 

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Ein Beitrag von Ria Lueth und Sara Booth