Auch 2025 findest das Polimagie Festival in Dresden statt – zwei Locations, drei kleine Bühnen, eine geballte Ladung Live-Musik. Alle Bands eint ein Ziel: Sie wollen sich ihren Platz in der „Hall of Fame“ der Polimagie erspielen.
Wir sind durch die letzten Jahren große Fans des Polimagie Festivals geworden. Darum haben wir das Team hinter den Vorhängen gebeten auf ein paar Fragen von uns zu antworten.
Carsten Becker und Luisa Mühl vom beatpol – Dresden e. V. hat sich zu einem kleinen Q&A bereit erklärt:
Was ist eigentlich das “polimagische” an eurem Festival und was war die Idee dahinter?
Das „Polimagische” beschreibt eigentlich ziemlich genau das, was das Festival ausmacht: die Vielschichtigkeit, das Verspielte und das Zusammenspiel vieler Elemente, die am Ende mehr ergeben als die Summe ihrer Teile. Wir wollten ein großes Festival im kleinen Format – mit internationalen Acts, stilistisch so unterschiedlich wie nur möglich, aber verbunden durch Haltung, Neugier und Relevanz.
Das Line-Up ist immer sehr vielfältig und international. Auf was achtet ihr bei der Auswahl der Bands?
Uns geht es weniger um Vielfalt im Sinne eines musikalischen Buffets – à la „für jeden was dabei” – sondern um ein bewusst kuratiertes Programm, das den Geist des Festivals trägt. Das Polimagie Festival gibt uns die Freiheit, abseits gewohnter Strukturen zu denken. Es ist eben dieser spezielle Kontext, der es erlaubt, Acts einzuladen, die zwar vielleicht „zu sehr Nische” oder „zu experimentell” für ein Einzelkonzert wären, im Rahmen des Festivals aber plötzlich ein ganz anderes Licht bekommen.
Hat sich in den Jahren seit es das Festival gibt, etwas geändert bei der musikalischen Ausrichtung des Festivals?
Ja und nein. Die Offenheit war von Anfang an Teil der DNA – aber mit jeder Ausgabe ist das kuratorische Profil etwas klarer geworden. Man lernt mit den Jahren, dem eigenen Instinkt noch mehr zu vertrauen, Zusammenhänge anders zu denken – und manchmal auch bewusst Brüche zu setzen. Wenn wir dabei von einer Entwicklung über die nunmehrigen 5 Festivaljahre sprechen, in denen der Beatpol das Polimagie Festival, anfangs mit Dynamite Konzerte zusammen, bzw. ab 2022 unter alleiniger Ägide veranstaltet, dann fällt natürlich auf, dass wir inzwischen ein paar mehr Acts im Lineup begrüßen können, die wir zuvor wohl nur bedingt bekommen hätten. Denn auch unser Festival musste erst mal noch ein Stück weit bekannter werden. Nicht nur bei unseren potentiellen Besuchern, sondern auch bei Agenturen und Künstlern. Der uns mittlerweile begleitende Ruf, „da kann man durchaus…”, „da wollen wir auftreten”, musste erst mal erarbeitet werden.
Was müssen Bands aufweisen, um für das Polimagie Festival interessant zu sein?
Es gibt da keine Checkliste. Neben jenen Künstlern, die zweifellos in jedem Jahr hervorragend zur Polimagie Programmatik passen würden, deren musikalische Vita eine gewisse Zeitlosigkeit mit sich trägt, gibt es selbstverständlich auch immer wieder tendenziell Neues und Spannendes. Wofür wir uns vom Fleck weg begeistern können. Zumeist sind das in Dresden bislang noch nie aufgetretene Acts, welche wir nicht zuletzt auch deshalb unbedingt in unserem Lineup „haben” wollen.
Welche Band würdest du dir auf dem Festival wünschen und wieso?
Schwierig, da gäbe es viele! Und natürlich zielt die Frage auch auf den persönlichen Musikgeschmack ab. Aber wenn ich eine nennen müsste, wäre es Grace Cummings. Sie hat diese ganz besondere Fähigkeit, mit ihrer kraftvollen, fast schon urgewaltigen Stimme und ihren intimen, zerbrechlichen Texten eine Atmosphäre zu erschaffen, die einem unter die Haut geht. Sie trägt eine unbändige Kraft in sich, die fast physisch spürbar ist und ich bin überzeugt, dass sie perfekt in die Welt des Polimagie Festivals passen würde.
Auf was kann sich das Publikum dieses Jahr einstellen?
Stilistisch ist nahezu alles möglich: von düsterem Post-Punk über energiegeladenen Indie-Rock bis hin zu exotischen Klängen und experimentellen Sounds. Zudem wird es wieder eine zweite Bühne in Altbriesnitz geben, die speziell für das Festival aufgebaut und derzeit gerade mit der entsprechenden Technik ausgestattet wird.
Was ist dein persönliches Highlight aus den vergangenen Jahren gewesen?
Es gab viele unvergessliche Momente. 2023 zum Beispiel, als die New Yorker Band Moon Hooch mit nur zwei Saxophonen und einem Schlagzeug den ganzen Saal in einen mitreißenden Tanzrausch versetzten. Oder auch im letzten Jahr, als der Sänger von Ditz mitten im Set auf das acht Meter hohe Trass kletterte und von dort aus weiter sang – ein Moment, in dem mir tatsächlich kurz das Herz stillstand. Zwischen Begeisterung für diese unvergessliche Aktion und der Frage „Was, wenn er fällt?” bleibt solch ein Augenblick einfach haften.
Was uns nun beim Festival erwartet haben wir hier zusammengefasst für euch:
Den Auftakt zum Warm-Up macht am Mittwoch im Ostpol niemand geringeres als Ramkot. Mit ihrem selbsternannten „Ramrock“ – einer explosiven Mischung aus Rock und groovigen Sounds – geben sie den Startschuss für das Festival. Danach übernimmt Dino Brandão, der aus der Schweiz eine völlig andere Klangwelt mitbringt: Tanzbare Beats, Synthesizer, Soundeffekte – er erschafft Musik, die nicht nur gehört, sondern gefühlt wird. Und wenn die Nacht sich langsam ihrem Höhepunkt nähert, bringt Carsick die Bühne endgültig zum Beben. Ihre freche Mischung aus Punk und Hip-Hop ist wie gemacht, um eine durchzechte Nacht mit einem Knall zu beenden.
Ab Donnerstag beginnt das Festival schließlich im Beatpol – und es wird wild! Use Knife eröffnen den Abend mit einer einzigartigen Fusion aus Industrial-Synthesizern, Percussion-Klängen und den mitreißenden Vocals des irakischen Sängers Saif Al-Qaissy. Ihr Sound? Elektrisierend und zugleich tief verwurzelt in kultureller Vielfalt. Danach übernimmt Wrest die Bühne – eine Band, die aus Mitgliedern von „Aereogramme“ und „The Unwinding Hours“ hervorgegangen ist und jetzt mit ihrem emotional aufgeladenen Indie-Rock voll durchstartet. Mit den Snapped Ankles wird es dann richtig verrückt: Die britische Band taucht in ihre legendären Kostüme und serviert eine explosive Mischung aus Post-Punk, Performance-Art, Krautrock, 80s-Tribal-House und Dancefloor-Sounds – dazu eine ordentliche Prise KI-Kritik, die in einem rituellen Finale gipfelt. Doch das Finale gehört Fat Dog. Wenn der vorherige Trip euch noch nicht völlig aus der Realität katapultiert hat, dann sorgt ihr wilder Punk-Rave definitiv dafür, dass niemand stillstehen kann. Hier wird nochmal richtig durchgeschwitzt – bis der letzte Beat verhallt.
Der Freitag startet mit Girl Scout – schwedischer Pop-Indie-Rock, der uns mit eingängigen Melodien verzaubert, aber gleichzeitig mit Stereotypen aufräumt. Doch damit nicht genug: Mit Endless Wellness bleibt die Frauen-Power auf der Bühne. Eingängig, energiegeladen und mit einer satirischen Note, die ihre Texte unwiderstehlich macht – Ohrwurmgefahr garantiert! Dann wird’s laut: Cash Savage and The Last Drinks reißen euch mit einem markerschütternden Schrei aus jeder Lethargie – ein Schrei, der aus tiefster Seele kommt und für mehr Toleranz gegenüber der LGBTQIA+ Community und marginalisierten Gruppen plädiert. Und wenn ihr dachtet, es könnte nicht wilder werden, dann kommt Squid. Post-Punk trifft auf Ambient und Jazz – eine schrille, fieberhafte Mischung, die sich in ein musikalisches Fiasko verwandelt, das euch komplett vereinnahmt. Den Schluss bildet Blood Red Shoes, die mit ihrem energiegeladenen “Disco-Grunge” einen kraftvollen Abschluss setzen und das Publikum noch einmal mit treibenden Rhythmen und rauer Intensität mitreißen.
Das Wochenende wird mit einem düsteren Knall eingeläutet: Heartworms alias Jojo Orme betritt die Bühne in militärischer Ästhetik und bringt eine Mischung aus dunklen Synthesizern und treibenden Grooves mit. Eine Vertonung des Gefühls, nicht dazuzugehören – roh, ehrlich und mitreißend. Dann wird’s schräg, Burnout Ostwest zerlegen die Bühne mit einem wilden Mix aus Lo-Fi, Pogo-Sound und bissiger Satire – unkonventionell, laut und absolut einzigartig. Danach folgt ein Moment der Ruhe mit Cosmo Sheldrake, den viele sicherlich von seinem viralen Sound „Birthday Suit“ kennen. Das Freie präferierende statt eines Studios, fängt er nicht nur eigene Klänge ein, sondern auch die der Umwelt – eine organische, hypnotisierende Soundreise. Und dann? Big Special bringen den Beat zurück! Ihr Mix aus Rap und Post-Punk ist kraftvoll, eigenwillig und bleibt garantiert im Kopf hängen. Zum krönenden Abschluss wird’s retro-futuristisch: Los Bitchos, das grandiose Frauen-Quartett, vereint chilligen 80s-Pop mit lateinamerikanischen Rhythmen und östlichen Psychedelic-Einflüssen. Eine Gitarren-Symphonie, die den Abend perfekt ausklingen lässt.
Den krönenden Abschluss am Sonntag eröffnet Engin – und sie lassen es mit ihrem trippy Pop-Jazz nochmal richtig krachen. Ein Sound, der zum Tanzen, Teile schmeißen und völligen Aufgehen in der Musik einlädt. Dann betritt ein heiß ersehntes neues Mitglied der Polimagie Hall of Fame die Bühne: James Leg. Mit seinem psychedelischen Soul erschafft er eine Klangwelt, die so mächtig ist, als würde eine ganze Big Band aufspielen – nur, dass er es ganz allein rockt. Zum grandiosen Finale übernimmt Nick Waterhouse, der Mann hinter dem Original „Katchi“, das durch Ofenbach weltbekannt wurde. Mit seinem Mix aus Soul, Rhythm & Blues nimmt er das Tempo raus und sorgt für einen stilvollen Ausklang – ein lässiger Schlusspunkt für ein phänomenales Festival!
Tickets für das Polimagie Festival findet ihr noch hier! Weil das Festival jedes Jahr mit seinen preiswerten Tickets und einem besucher*innenfreundlichen Konzept heraussticht, sind nicht mehr viele davon übrig!
Bei diesem Beitrag von Emely Nicht wurde sie von Ralph Sluger unterstützt.