Es fällt ausgesprochen schwer, diese junge Band einem Genrelabel unterzuordnen: Death- und Blackmetal Elemente mengen sich mit den verschiedensten Punkderivaten wie Screamo, Emo oder Post-Hardcore, dazwischen auch noch Industrialpassagen und indieartige Interludes.
Wer sich nach dieser (unfertigen) Aufzählung an Einflüssen einen musikalischen Flickenteppich vorstellt, der täuscht sich allerdings sehr. Auf nur 22 Minuten verbinden die Texaner all diese Elemente, ob wenn es nichts natürlicheres auf der Welt gäbe. Die vielen Tempiwechsel und Genrebrüche werden oft durch einen bestechenden Groove, aber immer mit der Dunkelheit und dem enthusiastisch exzerzierten Leid getragen, welche das ganze Album durchziehen.
Der erste Track auf Let Pain Be Your Guide, „Daymare“, gibt auf seinen fast 5 Minuten einen ersten Ausblick auf das breite Spektrum an Einflüssen, die hier abwechslungsreich verarbeitet werden. Langsames metallenes Klopfen leitet die ersten hypnotischen Sekunden ein, bevor der Song in einem Black-Metal Sturm aus Blast Beats und Tremolo-Gitarrenriffs Fahrt aufnimmt. Ein paar Sekunden später wird gekonnt Epik, mit bestechendem Groove unterlegt, erzeugt. Dann wird es wieder ruhig: eine einzelne, beinahe cleane Gitarre spielt eine traurig-verlasene Melodie, Bass und Schlagzeug setzen langsam ein und bauen einen immer stärkeren Rhythmus auf, der nach einer knappen Minute in einem Post-Metal anmutenden Finale kulminiert, unter tiefen Growls bluten schließlich die Instrumentalspuren langsam aus und der erste Song ist vorbei.
Hier zeigt sich sehr anschaulich, wie abwechslungsreich diese Band so diverse musikalische Elemente strukturell spannend miteinander verbindet, ohne den Crescendos und Höhepunkten zuviel Raum zur Entfaltung zu nehmen.
So wie sich die einzelnen Teile in „Daymare“ zu einem Ganzen fügen, bilden auch die insgesamt 10 Tracks auf Let Pain Be Your Guide eine gemeinsame Einheit, was mitunter auch an der allgegenwärtigen Spannung liegt, die sich als ‘Erwartung des Sturmes’ auch über die meditativen Augenblicke des Albums erstreckt. Daher macht es auch Sinn, das Teil von Anfang bis Ende zu hören, statt sich einzelne Momente herauszupicken.
Wer genau hinhört, der wird seine helle Freude an den vielen Feinheiten und Details haben, welche Let Pain Be Your Guide zu einem wirklich besonderen und nachhaltigen Erlebnis machen. Ob es der dystopisch hallende Drumsound auf dem hypnotischen Industrialinterlude „Let Pain Be Your Guide“, gleich dem Album benannt, oder die pervers-verdrehte Art ist, wie auf „Your War“ ein peppig-fröhliches Indieriff in zerstörerischen Grindcore abgleitet: Hier gibt es eine Menge zu entdecken. Stichwort: Wiederhörpotential!
Der Titel „Let Pain Be Your Guide“ (frei: Lasse dich vom Schmerz leiten), ist dabei nicht bloß ein ausgesprochen edgy klingender Albumname, sondern umreißt das lyrische, wie akustische Konzept sehr treffend. Hier geht es sehr düster zu: Schmerz, Depression und Todessehnsucht werden hier geradezu zelebriert. So war auch das Wort „enthusiastisch“ zuvor nicht zufällig gewählt, diese tiefsten Abgründe werden hier mit so einer Lust und Energie ausgeweidet, wie ich es bisher auf keinem Release dieser Art gehört habe. Die Karthasis ist eine manische.
Let Pain Be Your Guide ist trotz der inhaltlichen Schwere daher keineswegs ein Downer, dafür ist es musikalisch auch viel zu aufregend.