Kurt Cobain ist eine der Ikonen des Starsystems Popkultur mit einem Bekanntheitsgrad, der sich über schicht- und milieuspezifische Differenzierungsmechaniken hinwegsetzt. Dieser glamouröse Schein überstrahlt dabei oft Nirvanas musikalische Qualitäten und den eigentlich unüberbrückbaren Gegensatz zwischen bandinternem Habitus und Hype, so dass die Geschichtsschreibung nicht die ästhetische Reputation und beeindruckend pointierte Energie einer wegweisenden Undergroundband betont, sondern zumeist an den Auswüchsen eines Personenkultes verhaftet bleibt.

Geschuldet ist diese Wahrnehmungsweise freilich nicht zuletzt dem Umstand, dass die zeitlich und räumliche stark begrenzte und im Prinzip ausdrucksschwache Grungerevolution Anfang der 90er Jahre das wohl letzte Mal markiert, an dem Popmusik und ein gesellschaftspolitischer Zustand ineinandergefallen sind und so zu dem Paradox führten, dass die rohe, schmutzige und neurotische Derealisationskunst Nirvanas als fast ungebrochener Reflex einer resignierten Generation und unkalkulierbar-unverhoffte Punktlandung im raumzeitlichen Koordinatensystem in die glitzernde Welt von Ruhm, Erfolg und Macht gespült werden konnte.

Denn Nirvana waren mehr als ihre (sehr famosen, aber überleierten) Hits “Smells Like Teen Spirit”, “Come As You Are” und “Heart Shaped Box”. “Love Buzz” vom Debüt Bleach repräsentiert noch den straighten 70s Rock Einfluss der Frühphase, während “Beeswax” Cobains Vorliebe für schräge Wave-Punk-Bands wie Scratch Acid oder Saccharine Trust andeutet. “Old Age” ist ein poppiger Outtake vom Erfolgsalbum Nevermind, aber dank Aussortierung um dessen Überproduktion herumgekommen. Mit “Serve The Servants” und den bestens gealterten Noiseeskapaden “Milk It” und “Tourette’s” ist das vielschichtigste und beste Album In Utero mit drei Songs vertreten, bevor mit dem Klassiker “All Apologies” in der Unplugged-Version rausgeschmissen wird.