Aktivisten besetzen Audimax im Hörsaalzentrum

Am Montag den 25.11. sind Aktivisten von #HszfuersKlima in größten Hörsaal der TU Dresden geströmt. Mit der Blockierung des Podiums, plakativen Transparenten und vor allem schallendem Getrommel haben die Protestierenden den Start der Lehrveranstaltung verhindert.

Durch die Aktion ist es den Aktivisten gelungen, den Audimax im Hörsaalzentrum (HSZ) für ihre Veranstaltungen zu besetzten. Neben eher weniger überraschten Vorlesungsteilnehmern, war auch Rektor Hans Müller-Steinhagen anwesend. Er hat sich mit Kollegen aus der Universitätsleitung selbst ein Bild von der Lage verschafft. Gemeinsam haben sie versucht, die Situation im Sinne der Ordnung zu klären.

Duldung statt Räumung

Zwar hat Rektor Hans Müller-Steinhagen den Aktivisten mehrfach ein Ausweichangebote nahegelegt, doch die Aktivisten haben sich nicht von ihrem Plan, den größten Hörsaal der Universität zu besetzten, abbringen lassen. In einem schriftlichen Statement missbilligte der Rektor deutlich die Störung des regulären Lehrbetriebs und den geplanten Hausfriedensbruch durch die Aktivisten.

Letztendlich hat sich die TU-Dresden jedoch für eine Duldung im Rahmen der #climatestrike-Woche eingelassen und unterließ es, die Streikenden von der Polizei aus dem Saal zu räumen. Auch das Campusradio hat die Situation für einige Stunden beobachtet.

So verlief die Besetzung des Hörsaalzentrums

Zunächst haben sich gegen 8:30 Uhr etwa 40 Aktivistinnen und Aktivisten vor dem HSZ eingefunden. Wenig später traf auch ein Fahrradkonvoi am zentralen Vorlesungsgebäude ein. Während Mitglieder der Hochschulgruppe TU-Umweltinitiative (TUUWI) einen 16m² großen Transparent-Kubus vor dem HSZ windfest sicherten, ist die Anzahl der Aktivisten auf etwa 80-100 Menschen angestiegen. Diese stimmten sich über das weitere Vorhaben im kreishockenden Plenum ab.

“Auf geht´s ab geht´s HSZ besetzen”

Als dann die Türen des Audimax zur Vorlesung aufgeschlossen und das Licht angeknipst wurde, habe sich die Aktivisten friedlich in den Hörsaal begeben. Sie platzierten im gesamten Saal ihre Transparenten und besetzten das Dozentenpodium. Dazu trommelte ein, von zahlreichen Demonstrationen bekanntes, Samba-Kollektiv. Dadurch haben die Besetzerinnen und Besetzer zunächst die Kommunikation verhindert. Für etwa eine halbe Stunde war, aufgrund des Lärms, weder die Durchführung der Vorlesung, noch Durchsagen oder Anweisungen über die Hörsaal-Lautsprecheranlage möglich.

Der Dozent bleibt cool

Dabei blieb die außergewöhnliche Situation angespannt aber friedlich. Im Saal versuchte der Dozent der Vorlesung ohne Mikrofon die Situation zugunsten seiner Vorlesung zu beruhigen. Dazu versuchte er auch, unter Trommellärm, mit den Aktivisten eine Lösung zu finden. Diese hielten vorerst an der Besetzung fest, stellten jedoch nach einiger Zeit das Trommeln ein.

Lektion 1: Basisdemokratische Methoden

Um den weiteren Ablauf zu beratschlagen, eröffneten die Blockierenden allen Anwesenden das Angebot an einem Delegiertenplenum – ganz vorne auf dem Podium – teilzunehmen. Dort wurde über den weiteren Verlauf diskutiert und letztlich abstimmend entschieden. Von den regulären Vorlesungsteilnehmenden nahmen wenige bis keine an dem “Basisdemokratischen Verfahren” der Streikenden teil.

Vereinzelt entlud sich aber der Zorn der Studierenden über die Besetzung. Einige Buh-Rufe und ein vereinzeltes “Halt die Fresse!” richtete sich von den Vorlesungsteilnehmer ausgehend an die Aktivisten auf dem Podium. Auch vor dem Hörsaal wurde die Situation ernster. Denn etwa acht Polizisten hielten sich mittlerweile im Gebäude auf und sprachen sich mit der Universitätsleitung ab. Gleichzeitig wurde vor der Tür schonmal ein Megafon auf Funktion getestet.

Dann wurde die Lage noch ernster

Während das Plenum der Aktivisten sich entschied, weiterhin die Besetzung vorzunehmen, betrat nun die Vertretung der Universität den Saal. Per Megafon bat sie die Aktivisten nun den Saal zu verlassen und verwies auf ihr Hausrecht. Auch die regulären Vorlesungsteilnehmer wurden nun gebeten, den Saal zu verlassen. Eine Auflösung der Besetzung durch die vor der Tür bereitstehende Polizei schien unmittelbar bevorzustehen.

Plötzlich füllte sich der Saal wieder mit Studierenden,

denn scheinbar hat sich, durch das Bemühen aller Beteiligten, ein Kompromiss finden lassen. Zunächst sollte während der Pause, dann auch danach, der Saal geteilte werden: In der einen Hälfte findet die Vorlesung für die Studierenden unter außergewöhnlichen Bedingungen statt, die andere Seite wird von den Aktivisten für ihr Programm genutzt. Keine der beiden Seiten benutzt ein Mikrofon.

Angebot des Rektors wurde nicht wahrgenommen

Der Rektor Prof. Dr. Müller-Steinhagen befand sich den gesamten Vormittag im HSZ. Zusammen mit weiteren Kollegen, unter anderem Prof. Odenbach (Fakultät Maschinenwesen) und Marlene Odenbach (Dezernat Kommunikation & Marketing), versuchten sie sich nicht nur einen Überblick so verschaffen, sondern kommunizierten auch mit Presse und Aktivisten.

Bereits zuvor hat der Rektor seinen Respekt für die #ClimateStrike Woche und deren Aktivisten ausgesprochen, ihnen aber deutlich die Besetzung des Audimax untersagt. Stattdessen stellte er ihnen einen ebenfalls sehr geräumigen Veranstaltungsort, sowie weitere Unterstützung in konkrete Aussicht: Statt im Audimax des HSZ hätten die Veranstaltungen von #HSZfuersKlima in Räumen des benachbarten Gerhart-Potthoff-Bau (POT) stattfinden können.

Dieses Angebot hielt der Rektor auch während des Vormittages der Besetzung aufrecht. Letztendlich zog er den Ausweichort am frühen Montagnachmittag zurück und entschied sich den Audimax nicht polizeilich zu räumen. In einer Stellungnahme der TU Dresden missbilligt er die Besetzung der Aktivisten, duldete aber die Bemächtigung des Saals bis einschließlich Freitag, jeweils von 9:00-20:00 Uhr.

In der Stellungnahme der TU Dresden erwähnt er, dass auch von einer polizeilichen Räumung abgesehen wurde, da sich im HSZ Kinder befunden haben. Wir, vom Campusradio Dresden, haben während des Vormittags auch einen vermutlichen Vater mit seinem Kind bemerkt. Unserer Einschätzung nach ist eher zutreffend, dass die TU-Dresden unbedingt vermeiden wollte, dass es zu einem eskalierenden Konflikt, sowie einer negativen Berichterstattung, durch Bild und Video, auf dem Unigelände kommt.

Auf Twitter wurde der Vorwurf formuliert, die Aktivisten hätten Kinder als Schutzschilde mitgebracht. Diese Behauptung stützt sich gerne auf das Statment der TU-Dresden. Bei unserer Beobachtung vor Ort bestand in keinem Moment des Vormittags eine Gefahr für das anwesende Kind. Daher halten wir den Vorwurf für gegenstandslos. Den gesamten Vormittag hatten wir den begründeten Eindruck, dass der Rektor sich bemüht hat, eine möglichst friedliche Lösung zu finden, ohne den regulären Lehrbetrieb seiner Universität einschränken zu lassen. Auch die Aktivistinnen und Aktivisten waren sich ihrer Verantwortung bewusst und verhielten sich im Sinne eines zivilen Ungehorsams.

Aktivisten im Fadenkreuz

Auch in anderen Städten haben sich Aktivisten an dem #ClimateStrike beteiligt und in Universitäten Vorlesungssäle besetzt. Unter anderem an der HU-Berlin, an der Uni Leipzig und an der Uni Siegen haben sich Aktivisten Gehör verschafft.

In der Nacht von Montag zu Dienstag haben derweil in Dresden Unbekannte den Banner-Kubus vor dem HSZ in Brand gesetzt. Zudem wurden einige Transparente der Aktivisten aus dem Dresdner Audimax entwendet. Auf Twitter feiert ein rechtsradikaler Twitteraccount mit dem erbeuteten Diebesgut die Tat.

Während die Aktivisten von #HSZfuersKlima die Überzeugung teilen, dass die Störung der Gewohnheit notwendig ist, um Veränderungen denkbar werden zu lassen, ist eines unzweifelhaft festzustellen: Die Besetzung im Dresdner Hörsaalzentrum hat zuallermindest strafbare Delikte und eine kontroverse Diskussionsgrundlage ausgelöst.