Der Altersdurchschnitt liegt bei 38 Jahren. Ist Ihre Partei damit eine Partei für Studierende?

Engemaier: Auf jeden Fall. Auf der einen Seite haben wir viele Studenten in unseren Reihen, die uns Probleme im Hochschulsektor hautnah schildern und uns auch im Umfeld des Studiums die Probleme direkt in die Partei liefern. Ich bekomme da selber auch viel am Campus mit. Auf der anderen Seite können wir den Studierenden aber auch eine Bühne bieten und Unterstützung zuteil werden lassen, um Probleme anzugehen und zu lösen.

Sind sächsische Hochschulen unterfinanziert?

Engemaier: Sie sind es nicht nur, sie waren es vor allem schon. Wir hatten ja gerade die letzte Kürzungswelle und bereits zuvor waren die Hochschulen unterfinanziert. Jetzt geht es wirklich an die Substanz. Ich meine: man sieht es ja an den Studiengangsschließungen der Theaterwissenschaften in Leipzig, aber auch in Dresden. Da sind ja gerade die Techniksoziologie und vor allem interdisziplinäre Fächer von diesen Kürzungen betroffen. Das muss umgekrempelt werden, und dafür stehen die Piraten auch ein.

Was wollen Sie für die Verbesserung der Lehrsituation tun?

Engemaier: Wir wollen bis 2025 die Bildungsausgaben des Freistaates verdoppeln, das heißt die gesamten Bildungsausgaben. Nicht nur im Hochschulbereich, auch im Schulbereich müssen wir sehr viel tun. Wir wollen dazu die Kürzungen zurücknehmen, die Hochschulstandorte alle substanziell stärken und dann insbesondere die Lehrerausbildung wieder aufbauen und stärken, weil wir diese Lehrer an den Schulen brauchen.

Mit den Bildungsreformen der letzten Jahre hat eine teils starke Verdichtung und Verschulung der universitären Bildung eingesetzt. Ist das ein Problem?

Engemaier: Insbesondere in den Geisteswissenschaften ist dieser Prozess der Verschulung sehr deutlich spürbar gewesen. Was wir jetzt brauchen, ist wieder eine Flexibilisierung der Studiengestaltung. Wir müssen Menschen erlauben, in Teilzeit zu studieren und mit Kind zu studieren. Vielleicht auch, weil sie es sich sonst nicht anders leisten können. Auch da haben wir Lösungen angeboten, nebenbei zu arbeiten. Wir müssen das Studium so flexibilisieren, dass jeder in jeder Lebenslage studieren kann. Bevor wir aber die Studienordnung ändern, müssen wir erst einmal die Mitbestimmung stärken. Damit so etwas wie Bologna, nämlich, dass von oben eine neue Studienordnung vorgeschrieben wird, nicht wieder passiert, sondern, dass wir erst einmal von unten die Meinung der Studierenden abholen können, wie sie denn studieren wollen.

Wie können Mieten in innerstädtischen Gebieten auch in Zukunft für Studierende bezahlbar bleiben?

Engemaier: Ich sitze auch im Dresdner Stadtrat und da sind wir emsig dabei, etwas dagegen zu tun – sei es durch eine Wohnungsbaugesellschaft oder die Förderung von privatem Wohnungsbau. Auf Landesebene hat das Land aber die Instrumente direkt an der Hand: Das Land kann erstens eine Mietpreisbremse einsetzten, und dafür machen wir uns stark. Das Land kann zweitens das Studentenwerk mit Mitteln ausstatten, so dass es Wohnraum schaffen kann. Wir brauchen Studentenwohnheime, so dass jeder, der in einem Studentenwohnheim leben will, es auch kann – dass genug Plätze zur Verfügung stehen. In den letzten Jahren wurde viel saniert. Das ist auch wichtig, aber wir müssen jetzt anfangen, neuen studentischen Wohnraum zu schaffen.

Zum Schluss: Nennen Sie drei Gründe, warum Studierende die Piraten wählen sollten!

Engemaier: Die Piraten stehen erstens für eine Modernisierung der Hochschullehre. Wir wollen nicht nur, dass alle Vorlesungen online verfügbar sind, sondern wir wollen, dass alle Lehrinhalte, die im Studium relevant sind, elektronisch und in offenen Formaten jedem zur Verfügung stehen – dass zum Beispiel ein Student aus Leipzig die Inhalte aus Dresden abrufen kann. Zweitens: Jeder Bachelorstudent soll ein Masterplatz vor Ort garantiert bekommen, ohne Wenn und Aber. Und der dritte Grund, den ich anführen würde, ist: Wir wollen ein eltern- und altersunabhängiges BAföG. Ein selbstbestimmtes Studium ist für uns das A und O.